Sind wir nicht alle ein bisschen Hoeneß?
Die Wogen schlugen hoch, als bekannt wurde: Uli Hoeneß hat sich selbst wegen Steuerhinterziehung angezeigt.
Doch Salomo empfiehlt: “Ball flach halten”: Wir sind nicht besser.
Warum, das will ich hier erklären, indem ich auf die beiden Haupt-Vorwürfe gegen Hoeneß eingehe.
Vorwurf 1: Steuerhinterziehung
Vorwurf 2: Auftreten als Moralapostel
Damit wir uns recht verstehen: Beide Vorwürfe treffen auf Hoeneß zu!
Vorwurf 1 an Hoeneß
Ja, Uli Hoeneß hat dem deutschen Staat, dem deutschen Volk, ja auch mir (schluchz!) Steuern vorenthalten. Das ist nicht in Ordnung und lässt sich auch nicht verrechnen mit anderen Wohltaten, die auf sein Konto gehen. Darauf hat z.B. der Chef von „Christen in der Wirtschaft“, Frank Suchy, hingewiesen.
Vorwurf 2 an Hoeneß
Ja, Uli Hoeneß ist immer wieder als Moralapostel aufgetreten, der hohe Maßstäbe an das Verhalten anderer Leute gelegt hat. Damit hätte er vorsichtiger sein sollen!
Doch nun kommt es. Wir schauen uns die beiden Vorwürfe an und fragen uns: Sind die Journalisten, die über Hoeneß schreiben, oder die Politiker, die – von Journalisten gefragt – über Hoeneß urteilen, besser? Entschuldigung, noch direkter: Sind wir beide, Sie und ich, besser?
Ich überspringe die Journalisten und Politiker und rede hier mal über uns beide!
Vorwurf 1 an uns beide
Haben wir beide noch nie Steuern hinterzogen? Noch nie etwas mit Schwarzarbeit zu tun gehabt? Sie merken, die Luft wird dünner! Es macht übrigens keinen Unterschied, ob Uli Hoeneß Millionen hinterzieht oder wir beide ein paar Euro. Für den Staat vielleicht, für Salomo nicht.
Okay, seien wir mal großzügig und gehen davon aus, dass wir beide noch nie Steuern hinterzogen haben. Doch laut Neuem Testament gilt nicht nur die Tat, sondern schon die Überlegung als Verfehlung – d.h. selbst wenn ich nur überlege, ob ich in diesem Fall mal die Wand schwarz (damit meine ich nicht die Farbe!) streichen lasse, und mich aufgrund schlafloser Nächte für das Gegenteil entscheide.
Falls Sie auch hier sauber sind, schreiben Sie das doch bitte unten ins Kommentarfeld. Ich muss jedenfalls passen.
Vorwurf 2 an uns beide
Hier kann ich mich kürzer fassen: Jeder der sich über Uli Hoeneß als Moralapostel aufregt, ist selber einer. “Aber Uli Hoeneß hat sich besonders viel über andere aufgeregt”, denken Sie vielleicht. Ach kommen Sie, Sie doch auch!
Komisch: Wir beide, wir wissen genau, was sich gehört – und zwar für andere. Bei uns selbst sind wir großzügiger. Ich jedenfalls.
Ach, beinahe hätte ich vergessen, das Salomo-Zitat zu erwähnen. Es bezieht sich nicht auf Steuerhinterziehung, sondern auf üble Nachrede – auch “Lästern” genannt –, ist aber, wie Sie sehen werden, leicht auf den Fall Hoeneß übertragbar.
“Auch richte dein Herz nicht auf all die Worte, die man redet, damit du nicht hörst, wie dein Knecht dich verflucht; denn auch viele Male – dein Herz weiß es – hast auch du andere verflucht.” (Prediger 7,21f.)
Auf Deutsch: Kümmere Dich nicht darum, dass andere über dich lästern, du bist nicht besser.
Moment, ich habe doch noch einen allgemeineren Spruch Salomos zum Thema gefunden:
“Wer darf sagen: Ich habe mein Herz rein gehalten, ich bin rein von meiner Sünde?” (Sprüche 20,3)
Wie sagt Salomo noch gleich?
“Der Gerechte fällt siebenmal …” (Sprüche 24,16)
D.h. auch die Gerechten, z.B. der spendenfreudige Uli Hoeneß, machen Fehler. Sie und ich auch. Zum Glück geht der Spruch weiter:
“… und steht wieder auf.”
Ich wünsche Uli Hoeneß, dass er wieder aufsteht. Und Ihnen und mir auch.
So, und jetzt kümmere ich mich um meine Steuererklärung für 2012. Machen Sie das doch auch! Bringt uns beide weiter, als über Hoeneß zu diskutieren.
PS. Dieser Artikel hat von der Kritik meines Sohnes Mario profitiert (Nein, kein Fan von Bayern München, sondern von Borussia Dortmund!).
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Dirk Noack -
Guter Artikel und sympathischer Sohnemann!
Frank Giertz -
Wenn die Gedanken nicht frei sind, dann ist es im Himmel ziemlich leer!
Ich habe gedanklich schon viele Menschen umgebracht, am meisten meine Ex-Frau, bin ich jetzt ein Massenmörder?
Intererssant wird die Frage, ob wir Mitleid mit einem betrunkenen Autofahrer haben sollten, weil die meisten schon mit einem Glas Bier oder Wein intus Auto gefahren sind?
Wenn dem so ist, brauchen wir keinen Strafvollzug, weil wir sind alle irgendwie schuldig, ist ja normal.
Herr Hoeneß ist kein Opfer, er ist Täter, er hat dem Gemeinwohl erheblich geschadet. Und wenn die Strafe geringer ausfällt, weil ein Großteil verjährt ist, dann war es geschicktes Kalkül, was sich strafverschärfend auswirken muss.
Aber nächstes Zitat: “Zeit heilt Wunden” . Herr Hoeneß wird wieder, genauso wie Atlkanzler Kohl, der sein Ehrenwort über dem Gesetz gestellt hat und dafür nun mit Ehrenmitgliedschaften überhäuft wird.
In Italien kann man sogar Ministerpräsident mit solchen Verhalten werden. Und zurück zum Ausgangsthema
nein so bin ich nicht – nich einmal ein bißchen.
gisela Nehm -
Artikel prima. Ja, so sindbwir Menschen
gisela Nehm -
sind wir Menschen. Immer schön vor der eigenen Haustür fegen, lohnt sich für einem selbst.